Eine Meinung vertreten | Kopfkino | Musik machen

Hier finden Sie einige »Appetithäppchen« mit dem jeweils ersten Absatz. Die kompletten Geschichten können Sie lesen, wenn Sie »mehr →« aufrufen.
Im Bereich » Fußball → Was zum Lesen« finden Sie ausschließlich »Erbauliches« zum Thema Fußball bzw. zur Alt-Menschen-Variante: »Kicken im Gehen«.

Die Motte

„Sag mal“, fragt die Frau sichtlich erschüttert, „hast du die Motte im Badezimmer erschlagen?“

Der Mann auf dem Sofa erhebt sich – ein wenig verwundert, denn gewöhnlich sind die bekanntenTiere aus Haus und Garten Thema ihrer Gesprächseröffnung, wenn die Gattin nach längerer Abwesenheit zurückkehrt. mehr→

Familienausflug

„Mama, ich hab’ mein Kaugummi verloren.“ Die Stimme des kleinen Jungen von vielleicht sechs oder sieben Jahren klingt ein wenig schuldbewusst, vor allem aber hilflos und verzweifelt. Er sucht, den Kopf nach vorn gestreckt und den Nacken gebeugt, mit den Augen den breiten, ungepflasterten Weg ab, der, durch die klare Wintersonne gewärmt, den Frost der letzten Nacht verloren hat und nun doch recht matschig geworden ist. In der ursprünglich vielleicht einmal roten Asche liegen verstreut auch kleine, helle, fast weiße Kiesel und graue Splitter vom gestampften Ausbesserungsschotter. Das macht die Suche nach dem verlorenen Kaugummi, offenbar gebraucht und bereits zu einem unansehnlichen Klumpen gekaut, nicht gerade einfacher. mehr→

Haardexpress

Der Schnellzug aus der Hauptstadt hat mich pünkt­lich nach Essen gebracht. Ich bin treppab, durch den Osttunnel und wieder treppauf zu den beiden etwas versteckt liegenden und schwer erreichbaren Kopfgleisen, die ausschließlich dem S-Bahn-Verkehr in östlicher und nördlicher Richtung vorbehalten sind, gelaufen. Hier warte ich nun auf meinen Anschlusszug, der mich nach Recklinghausen zu Weib und Kindern bringen soll. mehr→

Milly

Milly ist eine unersetzbare Haushaltshilfe. Wir wissen schon gar nicht mehr, wie wir an sie geraten sind. Empfehlung kann es nicht gewesen sein, denn niemand aus dem Kreis unserer Verwandten oder Freunde beschäftigte damals, als sie zu uns kam, schon eine Hilfe fürs Grobe. Inzwischen ist sie, genauso wie wir, in die Jahre gekommen, aber vielleicht macht das ja gerade ihre Zuverlässigkeit und ihre Genügsamkeit aus. Mit stoischer Gelassenheit erledigt sie ihre Arbeit mit enormer Geschwindigkeit, die man heute so nicht mehr erwarten darf, denn sie wurde in eine Zeit hineingeboren, als man einfach ein Bütterchen mehr aß, um genügend Kraft und Ausdauer zu haben. mehr→

Sepang

„Hör mal!“, beginnt die klügste aller Frauen ihre Fragestunde, „Kennst du ein Insekten­be­kämp­fungs­mittel?“

„Wofür brauchst du das? Du redest doch immer davon, dass wir die Insekten erhalten müssen und wenn du die jetzt wegspritzt, musst du noch mehr Vogelfutter kaufen. Was das wieder kostet!“

„Nein“, empört sie sich, „Zehn Buchstaben, dritter ein ‚S‘. Und denk nicht immer nur ans Geld!“

„Ach so.“ Ich muss grinsen. „Nee, kenne ich nicht. Kriegst du nicht noch ein paar andere Buchstaben raus?“ mehr→

Braunes Wasser

Der Strandwanderer strebt, strammen Schritts von Osten kommend, immer am Flutsaum entlang seiner Ferienbehausung zu. Heute hat er die »Accumer Ee«, die Meerenge zwischen Baltrum und Langeoog, nicht ganz erreicht, hat vorher auf Höhe der Ostbake kehrtgemacht, weil ihn fröstelt. Die steife Brise aus West-Nordwest hat ihn bisher vor sich her geschoben und bläst ihm nun übers Wasser entgegen. mehr→

Sedlaczek oder die Kunst, sich zu verabschieden

Der Hai, wie Kriminalrat Paul Sedlaczek hinter vorgehaltener Hand genannt wird, hat seinen Kragen hochgestellt und hält ihn mit der linken Hand zusammen.

„Wo ist die Leiche?“, knurrt er, um dann lauter zu fragen: „Gibt es vielleicht irgendwo einen Regenschirm? Wenn ich noch lange hier stehe, laufe ich ein oder hole mir eine Lungenentzündung.“ mehr→

Von besseren und anderen Hälften

Wie jeder Ratgeber für die über Siebzigjährigen ausdrücklich fordert, dürfen Männer, die, mit oder ohne größeres Zutun ihrerseits, siebenmal zehn Jahre auf diesem Planeten ausgehalten haben, nach Ablauf dieser „Prä-Paradiesischen-Reinigung“ – oder einfach: „Wartezeit“ – alles.

Alles, was bisher – aus welchen Gründen auch immer – verboten oder wenigstens nicht erwünscht, also mit seelischen Qualen verbunden war, ist nun auf einmal, im Rahmen der geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze natürlich, erlaubt oder wird wenigstens stillschweigend geduldet. mehr→

Beschnitt oder Tod durch Entrümpelung

Bestimmt haben Sie schon mal vor dem Fernseher gesessen und sich auf spannende eineinhalb Stunden Tatort-Unterhaltung gefreut. Die Titelmelodie erklingt und signalisiert Ihnen, die Ohren zu spitzen, Ihr Logikzentrum auf Dauerbetrieb zu schalten und die Konversation mit der Liebsten einzustellen...

Der „Tatort“ ist tot.

Eine kurze spöttische Randbemerkung über die kaum noch zu ertragende Verzögerungstaktik als dramaturgische Katastrophe in deutschen TV-Krimis am Beispiel »TATORT« mehr→

Gyros-Grill

In der griechischen Pommesbude von Frau A., die zu den fünfzig kultigsten im Revier gehört, ist gerade nicht viel los, denn außer mir ist kein weiterer Kunde da. Die langjährige Mitarbeiterin geht im fettgeschwängerten Dampf unter dem fünffeldrigen Wrasenabzug ihrer Arbeit nach und wendet mit schnellen Bewegungen der Zange geschickt die brutzelnden Würstchen auf der Grillplatte.

Eine kleine Stimmungsgeschichte über das »Büdchen des Kochfaulen«  mehr→

Die Frau am Strand

Am Strand, vielleicht drei, vier Schritte von der Wasserlinie entfernt, sitzt eine dicke Frau. Sie ist nicht stattlich, nicht stabil, nicht vollschlank. Nein, sie ist einfach nur dick. Ihre Beine zeigen in Richtung Wasser und sind leicht gespreizt, um dem Oberkörper, der in einem blauen Badeanzug steckt, stabilen Halt zu geben.

Eine kleine Geschichte über den mühseligen Versuch ein kleines Kind zu bespaßen.  mehr→

Die Muschel

Der Junge kniet, auf seinen Fersen sitzend mit dem Rücken zur Sonne im noch feuchten Sand des weichenden Flutsaums und gräbt mit einem kleinen, blauen Schäufelchen ein Loch, nicht besonders tief und ausladend aber wohlgeformt kreisrund. Von einem fein säuberlich gestapelten Häufchen Herzmuscheln neben sich, die erstaunlicherweise der Größe nach angeordnet sind, nimmt er die oberste – und damit kleinste, reinigt sie vorsichtig mit seinen kleinen Fingern und legt sie behutsam in die vorbereitete Vertiefung. Dann füllt er das Loch bedächtig mit Sand und glättet ihn rundherum mit der Hand. Dabei achtet er peinlich genau darauf, bloß nicht auf die Mitte zu drücken, wo die eingebuddelte liegt.

Eine kleine Geschichte über den Verlust der Unbekümmertheit.  mehr→

Zwei Männer im Priel

Heute weht ein leichter Südostwind. Das bedeutet sehr, sehr niedriges Niedrigwasser. Im Osten sind die gewaltigen Sandbänke begehbar und die knietiefen Priele laden zum Fische Ärgern ein.

In einem dieser meist flachen Strandseen – entstanden aus einer Laune der Naturgewalten – stehen, suchend Kopf und Oberkörper nach vorn gebeugt, ein Mann und ein halbwüchsiger Knabe. Irgendetwas unter der Oberfläche scheint ihre ganze Aufmerksamkeit zu beanspruchen.

Eine kleine Geschichte über die Tücken der Unterwasserwelt – von oben betrachtet.  mehr→

»Silenzio«

„Compadre , ruft ein vielleicht zwanzigjähriger Mexikaner, den sie überall im Westen nur »El Loro« nennen, mit Begeisterung in der Stimme, lass uns nach Westen reiten, der untergehenden Sonne entgegen.“
Unter einem tief in die Stirn gezogenen Stetson blitzen zwei strahlend blauen Augen aus einem sonnengegerbtem Gesicht. mehr→

Ein Zwischenfall

„Jetzt sind die Trottoirs schon so breit gemacht worden und doch hat man als Müßiggänger kaum einen Spielraum, sich erholsam zu ergehen. Allenthalben schwirren Beräderte um einen herum, geben Alarmzeichen, schimpfen, wenn man nicht schnell genug ausweicht, und zeigen der fußläufigen Welt ihre Verachtung in unflätigster Weise.“

Kaum hat Schwarzbach seinen Gedanken zu Ende gebracht... mehr→